• Beitrag zuletzt geändert am:18. April 2022
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Val d'Orcia – Orte, Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten im Orciatal

Das Val d’Orcia liegt zwischen Buonconvento, Montepulciano und dem Monte Amiata in der südlichen Toskana und gehört zur Provinz Siena. Hauptverkehrsader der rund 610 Quadratkilometer großen Region ist die in Nord-Süd-Ausrichtung (zwischen Siena und Rom) verlaufende Via Cassia (SS2), die zum Teil streckengleich mit einer Route des Wegesystems »der Via Francigena« (auch Frankenstraße; alte Fernstraßen, die Pilger auf ihrem Weg zur Grabstätte der Apostel Petrus und Paulus in Rom nutzen) ist. Der namensgebende Fluss Orcia durchfließt das Tal von Osten nach Westen.

Namensgebender Fluss des Val d’Orcia.
Die Orcia auf Höhe von Bagno Vignoni.

Die von sanften Hügeln geprägte Agrarlandschaft des Orciatals wurde 2004 zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt und gehört für viele zu den schönsten Gegenden Italiens. Entlang geschwungener und teils von Zypressen gesäumter Landstraßen und Schotterpisten, welche urige Dörfer, abgelegene Abteien und einsame Landgüter miteinander verbinden, bestimmen Getreidefelder, Olivenhaine und Weinberge das Landschaftsbild. Auf den höchsten Erhebungen thronen von antiken Städten umgebene Burgen aus Zeiten des Mittelalters. Auf nahezu jedem kleineren Hügel steht ein Gehöft, oft nur noch als Ruine, oder es macht sich eine luxuriöse Ferienanlage breit. Südlich des Orciatals erhebt sich aus dem Hügelmeer der üppig mit Buchen- und Kastanienwäldern bewachsene Monte Amiata, ein erloschener Vulkan und beliebtes Ausflugsziel der Einheimischen, auf bis zu 1738 Meter Höhe.

Der landschaftliche Reiz des Tals, der heute Fotografen aus aller Welt auf den Auslöser drücken lässt, inspirierte während der Renaissance die großen Meister der Schule von Siena, die zwischen dem 13. und 15. Jh. ihren Höhepunkt hatte, zu künstlerischen Meisterwerken. Das Gebiet ist jedoch nicht nur wegen seiner bezaubernden Landschaft beliebt. Neben Fotografen, Wanderern, Fahrrad-, Cabrio- und Motorradfahrern kommen im Val d’Orcia auch Feinschmecker und Wellness-Begeisterte auf ihre Kosten. Das Orciatal ist von einer starken Wein- und Gastronomie-Tradition geprägt und für seine kulinarischen Köstlichkeiten bekannt. Der vulkanische Boden sorgt nicht nur dafür, dass aufgrund der Erdbewegungen ständig die Straßen ausgebessert werden müssen, sondern versorgt auch die beliebten Thermalbäder der Gegend mit heißem Heilwasser natürlichen Ursprungs.

Beliebte Orte und Sehenswürdigkeiten im Val d’Orcia

Das Orciatal setzt sich aus den fünf Gemeinden Montalcino, San Quirico d’Orcia, Pienza, Castiglione d’Orcia und Radicofani zusammen und wird außer von der Orcia von den Flüssen Asso, Tuoma, Formone, Vellora und Vivo durchflossen, die allesamt im Sommer kaum Wasser führen. Trotz seines hohen Bekanntheitsgrades und obwohl die touristische Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten konsequent ausgebaut wurde, sind die Ortschaften und Sehenswürdigkeiten des Val d’Orcia touristisch nicht so überlaufen wie viele andere Gegenden Italiens. Das Geschehen in den Städten wird noch vom alltäglichen Leben der Einheimischen bestimmt und bis auf wenige Hotspots halten sich die Touristenströme in Grenzen. Ein Grund für den relativ harmonischen Tourismus der Region ist wahrscheinlich auch ihre Weitläufigkeit, die zur Erkundung ein Auto oder noch besser ein Motorrad unumgänglich macht.

Pienza

Das hübsche Pienza liegt auf einem Hügel zwischen Montalcino und Montepulciano und wurde im 9. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, damals noch unter dem Namen Corsignano. Die einst verschlafene Ortschaft war 1405 Geburtsort von Aeneas Silvius Piccolomini († 1464 in Ancona), der 1459 als Papst Pius II. entschied, seinen Heimatort zur »idealen Stadt« zu machen und diese in Pienza umbenannte. Für das ambitionierte städtebauliche Projekt beauftragte er den Florentiner Architekt Bernardo Rosselino, der den Ort innerhalb weniger Jahre in eine »Perle der Renaissance« verwandelte. Das historische Zentrum Pienzas wurde wegen der revolutionären Stadtbauversion 1996 (acht Jahre vor der Landschaft des Orciatals) von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Pienza ist die touristisch am stärksten frequentierte Ortschaft des Val d’Orcia. Im Sommer wird man den Touristenströmen kaum entgehen können.

Corso il Rossellino in Pienza.
Corso il Rossellino in der Altstadt von Pienza.

Corso il Rossellino heißt die zentrale Einkaufsstraße, die am Piazza Pio II. und der empfehlenswerten Unterkunft ROSSELLINO vorbei durch die enge, verkehrsberuhigte Altstadt führt. Entlang der rund 300 Meter langen Straße gibt es Restaurants, Bars, Cafés, Souvenirgeschäfte und Delikatessenläden. Pienza ist für den Pecorino (Schafskäse) bekannt, der hier neben lokalen Weinen und typischen kulinarischen Köstlichkeiten der Region in den verschiedensten Variationen und Reifegraden angeboten wird.

Die Hauptattraktionen von Pienza liegen dicht um die prächtige Piazza Pio II. gedrängt und wurden innerhalb von nur drei Jahren nach dem Entwurf von Bernardo Rossellino und den damaligen Vorstellungen von einer idealen Stadt errichtet. Blickfang der Piazza ist der Dom Santa Maria Assunta mit seiner schönen Renaissancefassade aus Travertin. Rechts neben dem Dom befindet sich der seinerzeit als Residenz von Pius II. errichtete Palazzo Piccolomini und links der Palazzo Borgia, der neben dem Diocesan Museum auch die Touristeninformation beherbergt.

Piazza Pio II in Pienza.
Piazza Pio II. (am rechten Bildrand der 2020 hinter einem Baugerüst verstecktze Dom).

Aufgrund des sehr begrenzten Platzangebotes setzte Rosselino die Gebäude schräg zum Dom um den kunstvoll gepflasterten Platz, wodurch das ganze Ensemble perspektivisch noch anmutiger wirkt. Der Dom und der Garten des Palazzo Piccolomini wurden direkt am Felsrand über dem Abgrund errichtet, was von der unterhalb der Gebäude verlaufenden Straße besonders eindrucksvoll aussieht. Gegenüber dem Dom liegen das Rathaus und das nette Caffé La Posta.

Das auf einem Hügel gelegene Pienza ist schon von weitem zu sehen.

Vom Platz aus gesehen führen enge Gassen links und rechts am Dom vorbei. Von einer Promenade auf der südlichen Stadtmauer aus hast du eine phantastische Aussicht weit über die zauberhafte Landschaft mit dem eindrucksvollen Monte Amiata im Süden. Du kannst von diesem Aussichtspunkt aus spektakuläre Sonnenuntergänge genießen.

Pienza Dom mit Gerüst.

Westlich der Corso il Rossellino gelangst du auf die begrünte Piazza Dante Alighieri, die sich für einen Spaziergang geradezu anbietet. Über diese kleine Straße gelangst du zu der am Stadtrand gelegenen Pieve di Corsignano, einer schlichten romanischen Kirche, in der Papst Pius II. getauft wurde.

Monticchiello

Monticchiello ist ein Ortsteil von Pienza und liegt malerisch auf einem wenige Kilometer südöstlich vom Hauptort gelegenen Hügel. Das kleine mittelalterliche Dorf ist ein beliebtes Ausflugsziel der Einheimischen. In seinem verschlafenen und verkehrsberuhigten Zentrum befinden sich neben der Kirche Santi Leonardo e Cristoforo auch empfehlenswerte Unterkünfte, wie z.B. La Casa di Adelina sowie einige ausgezeichnete Restaurants. Einen öffentlichen Parkplatz findest du etwa 150 Meter vorm Ortseingang, Motorräder können oben direkt neben dem Stadttor geparkt werden. Von hieraus und von der Dachterrasse der am Stadttor gelegenen und viel gelobten Osteria La Porta bietet sich dir ein herrlicher Ausblick über das Tal und auf Pienza.
Monticchiello (Pienza).
Mittelalterliches Dorf Monticchiello.

Montalcino

Um das auf einem Hügel im westlichen Orciatal gelegene Montalcino dominieren Weinberge das Landschaftsbild. Die Region ist als Heimat des Brunello di Montalcino, eines der besten und begehrtesten Weine weltweit bekannt. Zahlreiche Enoteche (Weinbars, in denen Weine und Feinkostspezialitäten verköstigt und bei Interesse gekauft werden können) säumen die Straßen und engen Gassen der kleinen Ortschaft.

Blick auf Montalcino.
Montalcino.
Ein Besuch von Montalcino lohnt jedoch nicht ausschließlich für Weinliebhaber, auch geschichtlich hat der Ort einiges zu bieten. Am höchsten Punkt der Ortschaft, direkt gegenüber der exzellent bewerteten Unterkunft Drogheria e Locanda Franci, befindet sich die beeindruckende, aus dem 14. Jahrhundert stammende Festung Rocca di Montalcino (Fortezza), die nach dem Fall Sienas Rückzugspunkt der vertriebenen Sienesen war, die von dort aus die »Republik von Siena in Montalcino« ausriefen und sich dem mächtigen Florenz noch lange widersetzen konnten. Die Festungsmauern können bestiegen werden und in der Enoteca der Festung können Weine der Region verköstigt werden. Etwa 150 Meter nördlich der Festung liegt das Museo Civico e Diocesano, das Stadtmuseum von Montalcino, das eine Sammlung religiöser Kunst aus der Umgebung zeigt.

Tipps:

  • An der westlichen Zufahrtsstraße (SP14) findest du in einer Kurve kurz vor dem Ortszentrum (Parkplatz liegt gegenüber und ist nicht zu übersehen) die Enoteca Bruno Dalmazio, die wohl größte Weinhandlung der Stadt mit einer riesigen Auswahl italienischer und französischer Weine, darunter unglaublich viele Brunello- und Rosso di Montalcino sämtlicher Jahrgänge und Preisklassen sowie eine breite Palette lokaler Spezialitäten.
  • Eine empfehlenswerte Unterkunft, die sehr schön am zentralen Palazzo dei Priori liegt, ist das Scalette di Piazza B&B.

Abtei Sant’Antimo

Rund neun Kilometer südlich von Montalcino liegt in einer weiten Talmulde unterhalb des Dorfes Castelnuovo dell’Abate die Abbazia di Sant’Antimo, eines der schönsten Klöster der Toskana.
Abtei Sant Antimo.
Abbazia di Sant’Antimo.

Das Kloster der im 8. Jahrhundert gegründeten Benediktiner-Abtei wurde von Karl dem Großen gestiftet. Mit dem Bau der heutigen Kirche wurde Anfang des 12. Jahrhunderts begonnen. Das aus Travertinstein errichtete Kloster ist insgesamt sehr schlicht und weist, atypisch für toskanische Kirchen, burgundisch-französische Einflüsse auf. Im Inneren solltest du dir die Säulenkapitelle genauer anschauen, von denen das berühmteste das Motiv von Daniel in der Löwengrube zeigt. Für viele Besucher sind die Messen, zu denen die Mönche gregorianische Choräle singen, absolutes Highlight. Der Eintritt ist frei, am Parkplatz stehen jedoch gebührenpflichtige Parkuhren. Die Uhrzeiten der Messen sowie die aktuellen Öffnungszeiten findest du auf der offiziellen Website (www.antimo.it).

Tipps:

  • Ein Besuch der Abtei ist vor allem am Morgen oder zur Abenddämmerung zu empfehlen. Morgens fällt das Sonnenlicht durch die Fenster der Ostwand und sorgt für eine ganz besondere Stimmung. Abends wird das Kloster von äußeren Scheinwerfern angestrahlt, was ein wunderschönes Bild ergibt.
  • Um das Kloster führen gut ausgeschilderte Wanderwege durch die bezaubernde Landschaft. Du kannst z.B. aus Montalcino mit dem Bus anreisen und nach Besichtigung der Abtei in etwa zwei Stunden über wenig befahrene Straßen zurückwandern.

San Quirico d’Orcia

San Quirico d‘ Orcia liegt 14 Kilometer östlich von Montalcino zu beiden Seiten der Via Cassia. Neben dem Hauptort zählen die Orte Bagno Vignoni und Vignoni (Alto) zur Gemeinde. Trotz eines sehenswerten Stadtkerns und seiner verkehrsgünstigen Lage wird San Quirico im Vergleich zu Pienza und Montalcino von relativ wenigen Touristen besucht.

Hauptdurchgangs- und Einkaufsstraße ist die Via Dante Alighieri, die von der Via Cassia aus abzweigt, am 3-Sterne-Hotel Antica Sosta und dem empfehlenswerten Fahrrad- und E-Bike Verleih Buccis Garage vorbei zu einer Kreuzung und darüber hinaus durch die komplette Altstadt führt, um danach über geschwungene Brücken wieder Zufahrten zur Cassia zu bieten. Die charmante Altstadt ist verkehrsberuhigt und von einer Stadtmauer mit pittoresken Türmen umgeben. Zahlreiche Parkplätze unterhalb der Stadtmauer (Treppen führen hinauf ins Stadtzentrum) findest du, wenn du an oben genannter Kreuzung rechts in die Via dei Fossi abbiegst.

Mille Miglia in San Quirico d’Orcia.
Via Dante Alighieri während dem Oldtimer-Rennen Mille Miglia.

Entlang der Via Dante Alighieri gibt es einige Geschäfte, Bars und Restaurants. Zentral erhebt sich die nicht freistehende Kirche di San Francesco über die Piazza della Libertà. Schräg gegenüber der an dem Platz liegenden, gut besuchten Bar Centrale befindet sich der nördliche Eingang zum Barockgarten Horti Leonini, einem zwischen den Mauern einer ehemaligen Burganlage geometrisch angelegten, klassisch italienischen Garten mit gepflegten Rosenbeeten und gelegentlichen Kunstausstellungen.

Pieve dei Santi Quirico e Giulitta in der Altstadt von San Quirico d’ Orcia.

Hauptattraktion von San Quirico d‘ Orcia ist die kleine, aus dem 12. Jahrhundert stammende Pieve dei Santi Quirico e Giulitta (Collegiata-Kirche). Mit ihren drei Pforten, einem großen Seitenportal, von Löwen getragenen Säulen und einem ungewöhnlichen Türsturz, auf dem sich zwei kämpfende Fabelwesen gegenüberstehen, ist sie wirklich sehenswert. Ein weiterer touristischer Anziehungspunkt ist der gleich neben der Kirche liegende Palazzo Chigi-Zondadari (17. Jahrhundert), der über viele Jahre renoviert wurde und heute u. a. die Stadtverwaltung beherbergt. Dem Palazzo gegenüber befindet sich das empfehlenswerte Hotel Palazzo del Capitano Wellness & Relais. Ebenfalls empfehlenswert ist das Hotel Palazzuolo, das sich westlich der Altstadt befindet und über einen großen Außenpool verfügt.

Tipps:

  • Ein beliebtes Fotomotiv ist die Zypresseninsel, die nur wenige Kilometer nördlich von San Quirico d’Orcia (Richtung Siena) an der Via Cassia liegt und im Vorbeifahren nicht zu übersehen ist.
  • Jeden Mai fahren die Teilnehmer der Mille Miglia Storcia, der touristischen Neuauflage des legendären Autorennens, das von 1927 bis 1957 auf Italiens öffentlichen Straßen stattgefunden hatte, auch durch die Altstadt von San Quirico. Ein toller Ort, um dieses Oldtimer-Rennen zu erleben, um mit den Fahrern abzuklatschen und die z.T. recht urigen Fahrzeuge zu bestaunen.
  • In der Neustadt findest du einen relativ großen Coop Supermarkt (siehe Karte).
Zypresseninsel wenige Kilometer nördlich von San Quirico d’Orcia.
Malerische Zypressengruppe an der Via Cassia bei San Quirico d’Orcia.

Bagno Vignoni

In der Thermalquelle von Bagno Vignoni gaben sich bereits Etrusker und Römer dem Badevergnügen hin und kurierte Lorenzo di Medici seine Gebrechen. Der alte, gepflegte Kurort liegt zwischen San Quirico d’Orcia und Castiglione d’Orcia unweit der Via Cassia oberhalb des nördlichen Orcia-Ufers. Die Piazza delle Sorgenti ist das Zentrum der kleinen Ortschaft. Sie besteht aus einem großen Natursteinbecken, in das rund 40 Grad warmes Thermalwasser quillt und das umrahmt wird von den gut renovierten Häusern des Ortes, Hotels, Cafes und Boutiquen.
Bagno Vignoni im Orciatal.
Piazza delle Sorgenti mit der Kirche San Giovanni Battista in Bagno Vignoni.

Zwar ist das Baden in diesem Bassin seit Ende der 80er Jahre verboten, ein Besuch der alten, originellen Ortschaft lohnt aber auf jeden Fall. Das Thermalwasserbecken spielte eine Rolle in dem sowjetisch-italienischen Film »Nostalghia« von Andrei Tarkowski aus dem Jahr 1983. Direkt neben dem Becken gibt es ein gemütliches Café, daneben liegt das Hotel Le Therme. Das zum Hotel Posta Marcucci gehörende Thermal-Freibad steht auch Tagesgästen offen, wenn auch zu einem nicht gerade bescheidenen Eintrittspreis. Es bietet eine tolle Aussicht über das Tal und die Orcia hinüber nach dem auf hohem Fels thronenden Rocca d’Orcia. Das größte und modernste Bad von Bagno Vignoni gehört zum ADLER Spa Resort THERMAE, welches geschickt in die Hügel unterhalb des Ortes gefügt wurde. Der Swimmingpool steht jedoch nur Hotelgästen zur Verfügung.

Bagno Vignoni im Orciatal.
Kurort Bagno Vignoni, darunter die frei zugänglichen Becken und der Fluss Orcia.

Nahe dem zentrumsnahen, für PKWs kostenpflichtigen Parkplatz vor dem Hotel Posta Marcucci fließt heißes Thermalwasser über kleine Kanäle, an denen du ein wohltuendes Fußbad nehmen kannst. Es fließt weiter durch einen kleinen archäologischen Park mit den Resten einer alten Mühle und einem antiken Thermalbad, um dann über eine Kante in die Tiefe zu stürzen, wo es sich, schon deutlich abgekühlt, in einem flachen, frei zugänglichen Thermalbecken sammelt. Dieses Naturbecken ist von oben über einen schmalen und steilen Pfad oder alternativ über eine am Ortseingang gelegene Schotterstraße, an der du kostenlos parken kannst, zu erreichen. Hier kannst du kostenlos baden und den angeblich für Haut-, Knochen- und Gelenkbeschwerden heilsamen Schwefelschlamm auf deine Haut auftragen.

Tipp: Der weiße Schlamm und der Kalk- und Schwefelduft läßt sich nur schwer wieder aus Haaren und Badesachen entfernen. Vielleicht greifst du am besten auf alte Badesachen und eine Badehaube zurück.

Vignoni Alto

Vignoni (Alto), der ehemalige Hauptort, liegt oberhalb von Bagno Vignoni auf einer Höhe von über 300 Metern, auf halber Strecke zwischen dem Bad Vignoni und San Quirico d’Orcia. Die winzige Ortschaft besteht nur aus einer kleinen Kirche (Chiesa Di San Biagio), einer Handvoll Häusern und einem Burgturm. Vor Jahren von Verfall bedroht und nahezu ausgestorben, wurde quasi der ganze Ort im alten Stil mit Naturstein restauriert und für Ferienhäuser verkauft. Der Ausblick von Alto Vignoni über das weite Orciatal ist atemberaubend schön und macht einen kurzen Abstecher, z.B. auf einer Fahrradtour durch das Val d’Orcia, lohnend.
Vignoni Alto.

Castiglione d’Orcia

Die letzte bedeutende Siedlung des Orciatals vor dem Monte Amiata ist Castiglione d’Orcia. Neben dem Hauptort gehören die teils sehr kleinen Ortschaften Rocca d’Orcia, Poggio Rosa, Gallina, Monte Amiata Scalo (gehört auch zu Montalcino), Belvedere, Campiglia d’Orcia, Vivo d’Orcia, Montieri, Pietrineri und Bagni San Filippo zur Gemeinde. Diese Ortsteile liegen südlich der Orcia und größtenteils westlich der Via Cassia und haben zum Teil nur ein paar Dutzend Einwohner.

Castiglione d’Orcia
Piazza il Vecchietta in Castiglione d’Orcia.

Der Hauptort der Region, Castiglione d’Orcia, liegt auf einer steilen Erhebung. Von der markanten, in Restaurierung befindlichen Festung Rocca Aldobrandesca blickst du hinüber zur Burg des Nachbarortes Rocca d’Orcia und über die malerische Orcia-Landschaft. Bei einem kurzen Spaziergang durch den mittelalterlichen Ort stößt du auf die bezaubernde Piazza il Vecchietta mit ihrem fotogenen Travertin-Brunnen. Zwei kleine, hübsche Kirchen (Pieve dei Santi Stefano e Degna und Pieve Santa Maria Maddalena) lohnen einen Blick hinein. Einen weiteren Brunnen mit schattigen Sitzplätzen findest du am Hauptplatz des Dorfes, wo es auch einen Supermarkt, eine Bar, eine Enoteca und ein kleines Ladengeschäft mit Haushaltsartikeln und Souvenirs gibt.

Rocca d’Orcia

Das kleine Rocca d’Orcia, Nachbarort von Castiglione d’Orcia, liegt nur wenige Kilometer von Bagno Vignoni entfernt auf einem Hügel, getrennt von ihm durch die Orcia und das Tal des Flusses. Rocca d’Orcia gehörte einst dem kriegerischen Salimbeni Clan. In den Jahren 1377 und 1378 hielt sich die Mystikerin Katharina von Siena längere Zeit in dem Ort auf, wo sie einer Legende nach Lesen und Schreiben lernte. Highlight des kleinen Ortes ist die achteckige Burg Rocca di Tentennano, deren oberer Teil modern restauriert wurde und den du gegen eine kleine Eintrittsgebühr über die Treppen besteigen darfst. Für den Rundumblick von oben über die bezaubernde Val d’Orcia-Landschaft lohnt jedes Treppensteigen.
Rocca d’Orcia.
Burg Rocca di Tentennano in Rocca d’Orcia.

Weitere Sehenswürdigkeiten sind die beiden kleinen Kirchen Chiesa di San Simeone und Chiesa di San Sebastiano und der Piazza Cisterna mit seinem Brunnen aus dem 13. Jahrhundert.

Campiglia d’Orcia

Campiglia d’Orcia wurde eindrucksvoll an einem steilen, zwischen Castiglione d’Orcia und Bagni San Filippo gelegenen Hügel errichtet.
Campiglia d’Orcia
Campiglia d’Orcia.

Am höchsten Punkt der verschlafenen Ortschaft gibt es eine Aussichtsplattform mit Glockenturm, von der aus sich dir ein spektakuläres Panorama über das Orciatal und hinüber zur Fortezza di Radicofani (Burgturm der östlich der Via Cassia gelegenen Ortschaft Radicofani) bietet. Eine weitere nahegelegene Sehenswürdigkeit ist Rocca di Campigliola, eine südlich und außerhalb der Stadtmauern gelegene Burgruine.

Vivo d’Orcia

Vivo d’Orcia liegt auf 870 Höhenmetern etwa 5 Kilometer südwestlich von Campiglia d’Orcia am Fuße des Monte Amiata. Auffällig hier ist die üppige Vegetation mit weitläufigen Waldgebieten und pittoresken Maronen-Hainen. Ein kurzes Stück südlich vom Ortskern findest du schöne Wanderwege im Wald, entlang derer es einige Quellen mit kleinen Wasserfällen, das kapellenartige Gebäude Oratorio di San Benedetto (auch Ermicciolo genannt) und einen malerischen Waldteich mit Picknick-Plätzen und Grillstellen gibt.
Oratorio di San Benedetto.
Chiesa Ermicciolo.

Tipp: An der Strada Provinciale Altore, die von Vivo d’Orcia Richtung Seggiano und Castel del Piano führt, liegt das »Ristorante Pizzeria Da Luca«, ein ausgezeichnetes, uriges Restaurant mit fairen Preisen und der wohl besten Pizza des Val d’Orcia.

Bagni San Filippo

Bagni San Filippo ist ein kleiner verschlafener Thermalkurort, der bei Ausländern weitaus weniger bekannt ist als Bagno Vignoni oder der in der toskanischen Maremma gelegene und touristisch total überlaufene Thermalort Saturnia (Provinz Grosseto). Bagni San Filippo liegt an den Ausläufern des Monte Amiata nahe der Via Cassia (Richtung Bolsenasee). Bei Einheimischen ist der Ort ein beliebtes Ausflugsziel, attraktiv wegen der direkt an den Ort grenzenden, idyllischen Flusslandschaft, die zahlreiche natürliche Warm- und Kaltwasserbecken bietet. Du kannst hier kostenlos im kalk- und schwefelhaltigen Thermalwasser baden und dir an den natürlichen Wasserfällen eine warme Nacken-Massage gönnen. Ein Highlight und beliebtes Fotomotiv ist »La Balena Bianca« (der weiße Wal), ein riesiger weißer Kalkfelsen an dem das heiße Thermalwasser hinunterläuft.
La Balena Bianca in Bagni San Filippo.
»La Balena Bianca« am Fosso Bianco.

Die Straße, die durch den kleinen Ort führt, ist eine Einbahnstraße, entlang derer sich kostenpflichtige (Parkschein ziehen) Parkplätze befinden. Gegenüber der Bar La Cascata und unmittelbar vor dem Ortskern führt ein Schotterweg hinunter zu den heißen Quellen. Motorradfahrer können auch durch den Ort fahren und finden unten kostenlose Parkplätze und einen zweiten Zugang zu den Thermalbecken. Eine weitere Bademöglichkeit bot früher das Hotel Terme San Filippo, das derzeit (Stand 12/2020) allerdings aufgrund von Renovierungsarbeiten geschlossen hat.

Radicofani

An der südöstlichen Grenze des Val d’Orcia liegt das kleine Bergdorf Radicofani. Mit seinem Wahrzeichen, dem markanten, zinnenbewehrten Viereckturm der Burg, ist Radicofani schon aus weiter Entfernung zu erkennen.

Fortezza di Radicofani.
Fortezza di Radicofani.

Zwei Abfahrten von der Via Cassia führen auf kurviger, für Biker interessanter Straße zu dem ruhigen, hübschen Ort hinauf, der nicht nur Zwischenstation auf der historischen Pilgerstraße, der Via Francigena, ist, sondern auch Pflichtstation für das jährlich stattfindende Oldtimerrennen Mille Miglia.

Hotels, Ferienwohnungen und Unterkünfte im Val d’Orcia

Im Orciatal gibt es nur wenige große Hotels und kaum Jugendherbergen oder Campingplätze, dafür findest du hier ein breites Angebot landestypischer Ferienhäuser (häufig in Alleinlage mit umwerfender Fernsicht) und -apartments, kleinere familiäre Pensionen sowie Agriturismo-Betriebe (vom einfachen Bauernhof mit Olivenhain bis hin zu Luxusunterkünften mit Weingut). Im Folgenden ein paar Übernachtungsmöglichkeiten im Val d’Orcia.

Camping

Hinweis: Ohne vorher eingeholte Genehmigung ist Wildcampen in den meisten Regionen Italiens verboten. Allerdings gibt es in Nähe beliebter Orte und Sehenswürdigkeiten immer mehr ausgewiesene Parkplätze mit Parkscheinautomaten für Wildcamper mit Auto, Camper Van oder Wohnmobil, an denen du gegen eine kleine Gebühr legal übernachten darfst.

Camping Campeggio Il Treccolo ist einer der wenigen Campingplätze, von denen aus das Orciatal schnell zu erreichen ist. Der kleine, familiäre und idyllische Campingplatz liegt rund 15 Kilometer nördlich von San Quirico d’Orcia an der relativ wenig befahrenen SP14 (siehe Karte) und bietet das Nötigste zum fairen Preis.

Motorrad und Zelt unter der Milchstraße.

Motorrad-Zelt

Kaufberatung und Tipps zum besten Zelt für deine Motorradreise.

Preisgünstige Unterkünfte

Das Podere Il Tigliolo liegt herrlich ruhig und abgelegen einige Kilometer westlich von Castiglione d’Orcia und ist nur über eine etwa vier Kilometer lange Schotterstraße zu erreichen. Adventure-Bike-Fahrer werden die Apartments in diesem Landhaus – ein Zwei-Zimmer-Apartment mit voll ausgestatteter Küchenzeile und Sitzbereich gibt es bereits ab 55 Euro pro Nacht – daher lieben. Weitere Annehmlichkeiten sind ein Außenpool und ein Grillplatz im Garten sowie kostenfreies WLAN. Falls du die Toskana authentisch erleben möchtest und dich nicht an einem staubigen Fahrzeug und der kurzen Fahrt auf Schotter durch die herrliche Landschaft zur Asphaltstraße störst, wirst du dich hier wohl fühlen. Verkehrsgünstiger und in einer ähnlichen Preisklasse kommst du im MDQ – Azienda Agricola unter.

Mittelklasse

Ein herrlicher Ausblick über das Orciatal, ein reichhaltiges Frühstück und kostenlose Parkplätze direkt unterm Haus erwarten dich im Piccolo Hotel La Valle, das am Rande der Altstadt von Pienza liegt und sich damit ausgezeichnet für die Besichtigung von Pienza und Ausflüge in die Umgebung eignet. Doppelzimmer sind hier je nach Jahreszeit ab etwa 100 Euro pro Nacht erhältlich.

Gehoben

Das Adler Spa Resort Thermae liegt in Bagno Vignoni und bietet Innen- und Außenpools, einen großen Fitnessraum mit Panoramablick, einen tollen Spa-Bereich mit verschiedenen Bädern und Saunen und Aktivitäten wie organisierte Fahrradtouren, Reiten, Weinproben etc.

Aktivitäten im Val d’Orcia

Nebst oben genannter Ortschaften, die mit ihrer bezaubernden und geschichtsträchtigen Architektur zu beeindrucken wissen, atemberaubende Aussichten, gemütliche Cafés und Weinbars und erstklassige Restaurants bieten, ist das Val d’Orcia vor allem für seine von der UNESCO ausgezeichnete Agrarlandschaft bekannt, die auf Postkarten und Kalendern abgebildet stellvertretend für die Toskana, wenn nicht gar für ganz Italien steht. Und so ist das Orciatal natürlich ein beliebtes Reiseziel für (Hobby-) Fotografen. Auch wenn viele Motive schon tausendfach abgelichtet wurden, die Landschaft der Toskana scheint sich ständig zu ändern, bietet ein einzigartiges Spiel aus Licht und Schatten, Tages- und Jahreszeiten. Öffentliche Verkehrsmittel spielen in dieser ländlichen Gegend kaum eine Rolle, sodass du auf ein eigenes Fahrzeug angewiesen bist. Die hügelige und weitläufige Landschaft lässt sich am eindrucksvollsten mit dem Motorrad oder Cabrio erkunden. Das haben auch spezielle Autovermietungen wie Vintage Tours Toscana in Pienza erkannt, die perfekt hergerichtete Vespa-Roller und Oldtimer vermieten.

Mit der Reiseenduro durchs Orciatal

Zahlreiche, wenig – im Gegensatz zu Deutschland jedoch legal – befahrene Schotterstraßen und Lehmpisten durchziehen das Val d’Orcia und machen es damit für Adventure-Bike-Fahrer ebenso attraktiv wie für Wanderer und Mountainbiker. Schöne Routen kannst du dir in der Satellitenansicht von Google Maps heraussuchen. Außerdem findest du eine vorgefertigte kostenlose GPS-Route, die zum Teil durchs Orciatal führt, bei Adventure Country Tracks e.V., deren Aufgabe es ist, Offroad Routen für die Fahrer von ADV und Dual-Sport Motorrädern in europäischen Ländern zu etablieren.

Mit der Reiseenduro im Orciatal.

Generell können die legal zu befahrenden Schotterstraßen in der Toskana mit nahezu jedem Fahrzeug befahren werden. Wirklich anspruchsvolle Routen und Singletrails, die für leichte Dual-Sport Bikes besser geeignet sind als für schwere Adventure Bikes, gibt es im Orciatal kaum. Die Gegend eignet sich daher besser für Offroad-Anfänger und Enduro-Fahrer, die in erster Linie Freude an der schönen Landschaft haben, die gemütlich reisen möchten und nicht die ultimativ sportliche Herausforderung suchen.

Radfahren im Val d’Orcia (E-Bike und Pedelec)

Im Orciatal gibt es einige Fahrradverleihe die neben herkömmlichen Rennrädern und Mountainbikes auch E-Mountainbikes (Pedelecs) vermieten. Ungeübte Fahrradfahrer sollten im Val d’Orcia auf jedem Fall auf ein E-Mountainbike zurückgreifen. Auch wenn die Verleiher oft Routen entlang der asphaltierten Landstraßen empfehlen – ganz einfach, weil Rennradfahren der toskanische Nationalsport ist, empfehle ich dir, die wenig befahrenen Schotterpisten zu nehmen. Es gibt nur wenig Schatten und teils heftige Steigungen, die sich über Kilometer hinwegziehen können. Der meiner Meinung nach beste Fahrradverleih ist Buccis Garage in San Quirico d’Orcia (siehe Karte; Fahrradsymbol in San Quirico). Seine E-Mountainbikes befinden sich in einem guten Zustand und mit einem Mietpreis von nur 25 Euro pro Tag (Stand 12/2020) ist er mit Abstand der preisgünstigste Anbieter der Gegend. Auch ist San Quirico der perfekte Ausgangspunkt für solch eine Tour.

Fahrradtour durchs Val d’Orcia – Tourenvorschlag

Von Buccis Garage in San Quirico d’Orcia geht es über Schotterstraßen an Vignoni Alto vorbei nach Bagno Vignoni. Nach einem Frühstück in einem der charmanten Cafés geht es ein kleines Stück entlang der schattigen Orcia, bevor du auf den Feldweg Richtung Pienza abbiegst. Nach der Besichtigung von Pienza und dem Mittagessen in einem der zahlreichen Restaurants (alternativ im Coop eine Brotzeit kaufen) gelangst du über Schotterstraßen zu der wunderschön gelegenen Kapelle Madonna di Vitaleta. Von hieraus bist du – ebenfalls über Schotterstraßen – schnell wieder bei deinem Ausgangspunkt in San Quirico d’Orcia.

Ein weiterer Fahrradverleih ist Ciclofficine del Teatro Povero in Bagno Vignoni (siehe Karte). Die hier vermieteten Bikes sind etwas hochwertiger und moderner, der Preis für einen Tag beträgt jedoch derzeit 40 Euro und ist damit deutlich höher als bei erstgenanntem Verleih. Neben den genannten Anbietern für Mietfahrräder gibt es in der Gegend auch viele Unterkünfte, die ihren Gästen Fahrräder oder E-Bikes zur Verfügung stellen.

La cappella della Madonna di Vitaleta
Zwischen Pienza und San Quirico d’Orcia befindet sich die Cappella Madonna di Vitaleta, ein beliebtes Ausflugsziel und Fotomotiv.

Wanderungen

Die offene und hügelige Landschaft des Orciatals bietet kaum Schatten, weshalb Wanderungen an heißen Tagen sehr beschwerlich sein können. So bieten sich vor allem das Frühjahr und der Herbst für ausgedehnte Wanderungen, bei denen Landkapellen, alte Orte und Burgruinen für Abwechslung sorgen, an. Im Sommer empfiehlt sich eine Wanderung entlang der Orcia, da hier viele große Bäume für reichlich Schatten sorgen. Alternativ kannst du es im Sommer auch wie die Einheimischen handhaben und für Wanderungen auf die Hänge des dicht bewaldeten Monte Amiata ausweichen, wo die Temperaturen aufgrund der Höhenlage generell deutlich kühler sind.

Reiten

In der Gegend gibt es einige Reitställe, z.B. die Reitschule IL CavalLeggero A.S.D. bei Campiglia d’Orcia, die oft auch Gästezimmer oder Ferienwohnungen anbieten und sich vor allem für Familien mit kleinen Kindern eignen.

Ausflüge und nahegelegene Sehenswürdigkeiten

  • Crete Senesi (wörtl. Tonminerale von Siena) wird die durch Erosion geprägte Landschaft zwischen Siena und dem Orciatal genannt, deren bizarre Lehmhügel und Schluchten das sieneser Ödland bestimmen. Diese unwirtliche Mondlandschaft mit ihren markanten Bauernhöfen auf klaffenden Hügelspitzen ist ein krasser Gegensatz zu den sanften, von Olivenhainen und Weinbergen geschmückten Hügeln des Val d’Orcia und auf jeden Fall einen Abstecher wert. Interessante Routen durch diese einsame Gegend sind z.B. die SP438 nach Asciano und die SP451 nach Monte Oliveto Maggiore.
  • Östlich des Val d’Orcia erstreckt sich das malerische Val di Chiana, das für gutes Essen und besondere Weine bekannt ist, über die Provinzen Siena und Arezzo. Rund 15 Kilometer östlich von Pienza liegt auf der Kuppe eines 600 Meter hohen Hügels Montepulciano, die größte Stadt der Region. Montepulciano ist bei Weinkennern vor allem für den Vino Nobile di Montepulciano bekannt und war Schauplatz preisgekrönter Spielfilme wie »Der englische Patient«, »Ein Sommernachtstraum« und »New Moon – Bis(s) zur Mittagsstunde«. Die Festung, von der nur noch Ruinen existieren, stammt aus der späten Etrusker-Zeit. Die überwiegenden Gebäude der charmanten und sehenswerten Altstadt stammen aus der Zeit der Renaissance. Im Gegensatz zum perfekt geplanten Pienza konnte sich Montepulciano wesentlich freier entwickeln und hat daher Asymmetrie und Lebendigkeit, die Pienza fehlen.

Essen & Trinken – Die regionale Küche

Die Küche des Val d’Orcia ist von der Cucina povera (arme Küche) geprägt, eine Küche der preiswerten altbewährten Zutaten, deren Gerichte ohne aufwendige Kochprozesse entstehen und die geschmacklich aufgrund ihrer Schlichtheit und der Konzentration auf wenige ausgewählte Zutaten überzeugt.

Es wird viel saisonales Gemüse, Polenta (Maisgrieß) und abgestandenes Brot verarbeitet. Typische Vorspeisen sind Pappardelle mit Hasensauce, Dinkelsuppe oder Brotsuppe (z.B. Pappa al pomodoro). Im Herbst stehen auch Pilze und Maronen von den fruchtbaren Hängen des nahegelegenen Monte Amiata auf dem Menü. Einen großen Teil der Fleischgerichte der Cucina povera machen Innereien wie Leber (z.B. Crostini mit Hühnerleber) oder Kutteln (z.B. Trippa alla fiorentina) aus. Aber natürlich bekommst du hier auch ausgezeichnetes Bistecca alla Fiorentina sowie zahlreiche Gerichte aus Schwein, Lamm, Kaninchen, Rindfleisch, Huhn, Fasan und Wild, häufig mit gebratenen Porcini, also Steinpilzen, als Beilage serviert. Als Nachspeise gibt es z.B. Cantuccini (Mandelkekse), die vor dem Verzehr in süßen Vin Santo eingetunkt werden.

Neben Brunello di Montalcino und Olivenöl nativ extra ist das Orciatal auch für Pici, eine Art dickere Spaghetti aus Hartweizengrieß, bekannt. Die Pici werden u.a. mit Ragout, Tomaten-Knoblauch-Sauce oder als Pici alle briciole (mit Brotbröseln und Knoblauch in Olivenöl geröstet) serviert. Pienza ist vor allem für den Pecorino, einen Schafskäse, der in verschiedenen Variationen (z.B. mit Walnüssen, Trüffel oder Safran) und Reifegraden erhältlich ist. Montepulciano ist neben dem Vino Nobile di Montepulciano auch für Steaks vom toskanischen Chianina-Rind und ausgezeichnete Honigsorten bekannt.

Val d’Orcia Karte

Auf der Karte vom Orciatal habe ich dir die in diesem Beitrag erwähnten Orte, Attraktionen, Sehenswürdigkeiten und Unterkünfte markiert. Über die Verlinkungen, die sich hinter den Symbolen verbergen, gelangst du zur entsprechenden Stelle im Artikel oder zu weiterführenden Informationen im Netz.

Orciatal Anreise

Anfahrt mit dem Auto / Wohnmobil

Aus Süddeutschland geht es mit dem PKW über Innsbruck, den Brenner, Bozen, Verona, Modena und Bologna nach Florenz. Südlich von Florenz nimmst du die Ausfahrt Firenze Impruneta (SS 223 Siena). Über den Raccordo Autostradale Firenze – Siena geht es mautfrei weiter nach Siena, von wo aus (Ausfahrt Siena Sud) du über die Via Cassia (SS2 / SR2) bis ins Orciatal (z.B. nach San Quirico d’Orcia) fährst.

Eine 10-Tages-Vignette für die österreichische Autobahn und die Maut für den Brenner kosten jeweils rund 10 Euro, die Maut für die Strecke auf der italienischen Autobahn beträgt für PKWs derzeit etwas über 30 Euro, sodass du insgesamt mit rund 50 Euro Mautgebühren rechnen musst. Die Entfernung zwischen München und San Quirico d Orcia beträgt 750 Kilometer, die Fahrtzeit über Autobahnen etwa 8 Stunden.

Mit dem Motorrad in die Toskana

Beschleunigung und Schräglage sind zwei wesentliche Faktoren, welche die Freude am Motorradfahren ausmachen, die uns Autobahnfahrten jedoch nicht bzw. nur begrenzt bieten. Hinzu kommt, dass sich die im Querschnitt halbrunden Motorradreifen auf Autobahnen wegen der fehlenden Schräglage schnell unschön abfahren. Es stellt sich also die Frage, ob es vielleicht sinnvoll ist, mit dem Motorrad über Landstraßen in die Toskana zu fahren.

Ich habe die Strecke von Süddeutschland aus über mautfreie Landstraßen ins Orciatal nach dem Lockdown im Juni 2020 mit meiner YAMAHA Ténéré 700 in zwei Etappen von jeweils 8–10 Stunden zurückgelegt. Verona liegt ungefähr auf halber Strecke, weshalb ich mir dort im Vorfeld über Agoda ein günstiges Zimmer im empfehlenswerten Agriturismo alle Torricelle gebucht habe. Die wenigen Highlights auf der Fahrt waren das Penser Joch, Verona und die Landstraße, die aus den Bergen hinunter nach Florenz führt. Extrem anstrengend waren die vielen Ortsdurchfahrten, Geschwindigkeitsbeschränkungen und Blitzer. Gefühlt galt auf der halben Strecke eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 oder 70 km/h, was ziemlich ermüdend ist. Falls du Verona besichtigen möchtest und dort einen 2-3-tägigen Aufenthalt geplant hast, kann ich die Strecke empfehlen. Sollte das eigentliche Ziel die Toskana sein, empfehle ich aufgrund der wenigen Sehenswürdigkeiten und vielen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf jeden Fall die schnellste Route über die teils kostenpflichtigen Autobahnen.

Flug und Mietwagen

Die Flughäfen von Siena und Perugia werden von Deutschland aus nicht mehr regelmäßig angeflogen und sind daher momentan irrelevant. Die dem Val d’Orcia nächstgelegenen Flughäfen sind der rund 130 Kilometer nördlich gelegene Aeroporto di Firenze-Peretola (FLR), der aus dem Orciatal innerhalb von etwa 2 ½ Stunden zu erreichen ist, und der Fiumicino Aeroporto (FCO) in Rom, der rund 200 Kilometer südlich liegt und mit dem Auto innerhalb von rund 3 Stunden erreichbar ist.

Für die Suche nach einem günstigen Leihwagen kann ich dir Check24 empfehlen. Ein Freund, der mich neulich besuchen kam und über den Flughafen in Rom eingereist ist, hat sich über das Portal bei einer italienischen Autovermietung ein Fiat 500 Cabrio für nur 7 Euro pro Tag gemietet und war damit äußerst zufrieden.

Klima im Val d’Orcia – Die beste Reisezeit

Die besten Reisezeiten für das Orciatal sind das Frühjahr und der Herbst, wenn die Tage schon oder noch mild und warm sind. Die Nächte können dann aber noch empfindlich kühl sein. Anfang Mai kann es mit Tageshöchsttemperaturen von 30° C schon richtig heiß werden. In den Hügeln des Orciatals kann es das ganze Jahr über sehr windig sein, weshalb es sich empfiehlt, immer eine Wind- oder Regenjacke mitzuführen.

Juli und August sind mit Temperaturen von bis zu 40° C die wärmsten Monate und damit vor allem für Hitzeliebhaber, die auch warme Nächte mögen und sich nicht daran stören, dass es nachts auch in den Schlafzimmern der größtenteils schlecht isolierten Häuser richtig warm werden kann, geeignet. Das Leben spielt sich im Sommer vor allem abends und nachts auf den Straßen ab und in den Städten finden an den Wochenenden zahlreiche Feste und Feierlichkeiten statt.

Am 15. August ist Ferragosto (Festtag des Augustus), einer der wichtigsten kirchlichen und familiären Feiertage Italiens, der als heißester Tag des Sommers gilt und damit den »Wendepunkt des Sommers« kennzeichnet. In beliebten Restaurants ist dann ohne Reservierung kaum noch ein Sitzplatz zu bekommen, die Preise für Unterkünfte befinden sich auf dem Höchststand und Strände und Sehenswürdigkeiten sind total überfüllt.

Der November gilt als regenreichster Monat. Die lehmigen Feldwege verwandeln sich dann nicht selten in schmierige Pisten. Januar und Februar sind die kältesten Monate und die Betreiber der Liftanlagen am Monte Amiata hoffen zu dieser Zeit auf viel Schnee und ein gutes Geschäft mit den hippen Ski- und Snowboardfahrern, die größtenteils aus Rom kommen.

Tipps für Motorradfahrer

  • Im toskanischen Hochsommer ist es unter der schützenden Motorradkluft kaum auszuhalten. Neben möglichst luftiger Motorradkleidung empfiehlt es sich, im Rucksack oder Tankrucksack eine Trinkblase mitzuführen, um jederzeit den Flüssigkeitshaushalt ausgleichen zu können. Falls dir nach kühleren Temperaturen ist, kann ich dir einen Ausflug durch die schattigen und malerischen Wälder zum Gipfel des Monte Amiata empfehlen. Hier wirst du spüren, wie es mit jedem gefahrenen Kilometer angenehm kühler wird.
  • Im Orciatal leben viele Wildtiere. Dachse, Füchse, Stachelschweine, Rehe und Wildschweine können eine Gefahr für den Straßenverkehr darstellen. Mit Wildwechsel ist das ganze Jahr vor allem mit Einbruch der Dunkelheit bis zum Sonnenaufgang zu rechnen. Im Herbst findet Wildwechsel bekanntlich besonders häufig statt. Auch finden Anfang November Treibjagden auf Wildschweine statt (vor allem an den Wochenenden), durch die alle möglichen Tiere aufgeschreckt werden und in Panik über die oft kurvigen und unübersichtlichen Straßen rennen.
  • Oben genannte Städte und Dörfer sind klein und generell ist das Orciatal nur dünn besiedelt. Entlang der Landstraßen gibt es kaum Straßenbeleuchtungen und die Nacht ist hier wirklich stockfinster. Gerade auf der Via Cassia fahren die Einheimischen oft weit über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Mit meiner alten KTM 690 SMC R waren Nachtfahrten aufgrund des kleinen und sehr schwachen Frontscheinwerfers äußerst unangenehm. Mit meiner jetzigen Ténéré 700 kann ich aufgrund des besseren Scheinwerfers auch nachts auf der Cassia fahren, ohne ständig von einheimischen Autofahrern überholt zu werden. Je nachdem was du für ein Motorrad fährst, solltest du die Etappen so planen, dass du nach Möglichkeit nicht nachts unterwegs sein musst.
  • In San Quirico d’Orcia gibt es östlich der Cassia ein kleines Gewerbegebiet mit Keramik- und Terrakotta-Produzenten und »Top Service«, dem größten Reifenhändler der Gegend.

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